Hier Bedarf es höchster Präzision: Die Rahmede-Talbrücke an der A 45 in Lüdenscheid wird heute am Mittag gesprengt. Die Konstruktion ist kompliziert und extrem herausfordernd. Tausende Menschen haben auf diesen Tag gewartet – denn die marode Brücke war schon lange ein Problem.

Lüdenscheid. Die Spannung steigt: Am Sonntag soll ein 17.000 Tonnen schwerer Beton-Stahl-Gigant in die Knie gezwungen werden. Die Sprengung der Rahmede-Talbrücke an der wichtigen Autobahn 45 in Lüdenscheid im Sauerland gilt als besondere Herausforderung. Am Mittag um 12 Uhr wird laut Planungen das entscheidende Signal ertönen. Dann sollen 150 Kilogramm Sprengstoff das 450 Meter lange und bis zu 70 Meter hohe Bauwerk aus den 1960er Jahren präzise zu Boden bringen. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wird die spektakuläre Aktion vor Ort verfolgen, wie eine Ministeriumssprecherin sagte.

Die Brückenpfeiler sollen kollabieren, die Brücke werde dem gewünschten Szenario zufolge akkurat in ein gewaltiges Fallbett aus gut 100.000 Kubikmetern Erde stürzen, hatte Sprengmeister Michael Schneider kürzlich erläutert. Unterhalb der Talbrücke laufen seit Monaten die Bauarbeiten. Das Bauwerk muss „haargenau“ auf das Fallbett runterkommen, dürfe auch nicht abrutschen. Die Bebauung direkt unterhalb der Brücke mache die Aktion extrem herausfordernd.

Talbrücke seit Ende 2021 vollgesperrt

Die marode Talbrücke ist seit Ende 2021 voll gesperrt, die zentrale Nord-Süd-Achse zwischen Frankfurt und Dortmund seitdem unterbrochen. Lüdenscheid und die wirtschaftlich bedeutende Region sind von Stauchaos, stockendem Lieferverkehr, Fachkräfte-Abwanderung und Umsatzeinbußen schwer getroffen.

Zu Tausenden donnern täglich Laster durch die Stadt, sorgen für permanente Lärm- und Abgasbelastung sowie massive Schlafstörungen bei Anwohnern und Anwohnerinnen an den Umleitungsstrecken, wie die Bürgerinitiative A45 kritisiert. Zur Entlastung werde zu wenig unternommen. Die Sprengung sei immerhin ein Zeichen, dass es bei dem Großprojekt vorangehe, sagte ein Sprecher.

Das Bundesverkehrsministerium spricht von einem „Meilenstein“ auf dem Weg zu dem geplanten Neubau. Wissing habe das Projekt ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt. Im Sommer solle entschieden werden, welches Unternehmen den Zuschlag für den Neubau erhalte.

Der Sprengmeister und die Autobahn GmbH appellieren, am 7. Mai nicht in die Nähe des Sprengortes zu kommen. Ohnehin ist eine Zufahrt schon seit Mitte April nicht mehr möglich. Der Bereich an der derzeit bundesweit bekannten Baustelle bleibt bis voraussichtlich Mitte Juni abgesperrt. Um die spektakuläre Aktion verfolgen zu können, veranstaltet Lüdenscheid in der Innenstadt ein Public Viewing.

Rahmede-Neubau ist eines der Autobahn-Top-Projekte

Die gesamte A45 gilt laut NRW-Verkehrsministerium als eines der wichtigsten Erhaltungs- und Sanierungsprojekte der deutschen Straßen-Infrastruktur. Der Rahmede-Neubau werde derzeit als eines der Top-Projekte bundesweit eingestuft, hatte die Autobahn GmbH des Bundes Mitte April bei einem Baustellentermin auf dem alpinen Areal betont. An der A45 als der „Königin der Autobahnen“ gelte es, 60 Talbrücken zu erneuern, vieles sei schon fertiggestellt oder in der Mache.

Das Desaster um die marode Brücke ist zudem auch längst ein Politikum. In Düsseldorf hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss „Brückendesaster und Infrastrukturstau“ in dieser Woche seine Arbeit aufgenommen. Dabei soll das Debakel rund um die verpasste rechtzeitige Sanierung der Brücke ein zentrales Thema sein. Die Opposition will auch die Rolle des früheren NRW-Verkehrsministers Hendrik Wüst (CDU) unter die Lupe nehmen, der von 2017 bis Oktober 2021 Verkehrsminister war, bevor er Ministerpräsident wurde. Wüst hatte persönliche Versäumnisse aus seiner Amtszeit verneint.

Quelle: https://www.rnd.de/panorama/anspannung-vor-sprengung-der-rahmede-talbruecke-bauwerk-muss-haargenau-fallen-AIAQSLVQSNMSJOOTFJWG5DQAGM.html