Zarina Yesbulatova, unabhängige Politikwissenschaftlerin, 
MA, Executive Master of Business Administration

Die moderne Diplomatie und die Weltpolitik insgesamt verlangen von vielen Akteuren der internationalen Beziehungen – d. h. von Staaten, internationalen Konzernen, Organisationen und anderen Völkerrechtssubjekten – die Aufnahme internationaler Partnerschaften und Kooperationen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Staaten sowohl die Entwicklung ihrer Volkswirtschaften als auch ihrer innerstaatlichen politischen Ökosysteme vorantreiben müssen. Schon in der Antike strebten Herrscher und Staaten danach, diplomatische und partnerschaftliche Beziehungen aufzubauen, um allgemeinen Wohlstand und Sicherheit zu gewährleisten.

Als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und größtes Mitgliedsland der Europäischen Union ist sich Deutschland seiner internationalen Verantwortung bewusst. In Fragen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik strebt die Bundesregierung eine enge Zusammenarbeit mit ihren demokratischen Partnern an, um gemeinsame Werte zu schützen und globale Herausforderungen wie Klimawandel, Hunger, Armut, Analphabetismus sowie wirtschaftliche Krisen zu bewältigen.

Für die Republik Kasachstan begann die internationale Zusammenarbeit mit Deutschland mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1992. Im selben Jahr trat Kasachstan den Vereinten Nationen bei. Auf der 46. Sitzung der UN-Generalversammlung wurde Kasachstan einstimmig als Mitglied aufgenommen – ein klares Zeichen der internationalen Anerkennung für den damals jungen Staat.

Seit der Erlangung der Unabhängigkeit ist die Außenpolitik Kasachstans stets auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit einer Vielzahl von Ländern ausgerichtet, darunter auch mit europäischen Staaten. Am 11. Februar 1992 wurden die bilateralen diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Kasachstan und der Bundesrepublik Deutschland offiziell aufgenommen. Noch im selben Jahr wurde die deutsche Botschaft in Almaty eröffnet. Im September 1993 folgte die Eröffnung der kasachischen Botschaft in Bonn, die 1999 nach Berlin verlegt wurde.

Seitdem eröffneten in Kasachstan schrittweise zahlreiche nationale Vertretungen deutscher Organisationen und Unternehmen, darunter die Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert. Weitere deutsche Organisationen mit Vertretungen in Kasachstan sind u. a. der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das Goethe-Institut, ZfA – Deutsche Auslandsschularbeit International, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Dies zeigt, dass Deutschland strategisches, politisches und wirtschaftliches Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit Kasachstan hat. Deutschland verfolgt traditionell das Ziel, seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen nicht nur innerhalb Europas und zu den USA oder afrikanischen Staaten auszubauen, sondern auch zu den jungen Republiken der ehemaligen UdSSR, zu denen Kasachstan früher gehörte.

Kasachstan ist ein historisch junger Staat, der bestrebt ist, einer der stärksten und wettbewerbsfähigsten Akteure in den internationalen Beziehungen und der Weltpolitik zu werden. Aus diesem Grund investieren deutsche Unternehmen gezielt in die Entwicklung der kasachischen Wirtschaft. Immer häufiger wird die Produktion in Kasachstan lokalisiert, wodurch Betriebe mit hoher Wertschöpfung entstehen. Beispielsweise CLAAS(Landmaschinenhersteller) eröffnete eine Montageproduktion für Mähdrescher in Petropawlowsk, Knauf (Baustoffunternehmen), Linde AG (Industriegase) und BASF(Chemieproduktion) erweitern ihre Aktivitäten in Kasachstan kontinuierlich.

Dies verdeutlicht, dass Kasachstan für Deutschland ein zentraler und wertvoller Partner ist. Eine enge kasachisch-deutsche Wirtschaftskooperation ist entscheidend, um die Volkswirtschaften beider Länder zu stärken und ein erfolgreiches, zukunftsorientiertes Fundament zu schaffen, das Krisen und globalen Herausforderungen standhalten kann.

Politische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit

Die kasachisch-deutschen Beziehungen beruhen auf einem vertrauensvollen Dialog und einer traditionellen Freundschaft. Seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen wurden die Partnerschaften kontinuierlich vertieft.

Deutschland sieht Kasachstan als führendes Land Zentralasiens und wichtigen Partner in Fragen der regionalen Sicherheit, der energetischen Stabilität sowie im Kampf gegen Terrorismus, Extremismus und Drogenhandel.

Regelmäßig finden Treffen auf höchster Ebene zwischen dem Präsidenten der Republik Kasachstan und den deutschen Bundeskanzlern statt.
Am 6. Mai 2025 wurde Friedrich Merz im Bundestag zum Bundeskanzler gewählt. In naher Zukunft wird daher ein Treffen zwischen Präsident Toqajew und Kanzler Merz erwartet, um neue Strategien zur Stärkung der bilateralen Beziehungen zu besprechen.

Handels- und Wirtschaftskooperation

Deutschland ist für Kasachstan ein traditionell wichtiger und vielversprechender Handelspartner innerhalb der Europäischen Union.
Laut dem Ministerium für Handel und Integration der Republik Kasachstan gehörte Deutschland 2023 zu den Top 10 Handelspartnern Kasachstans mit einem Anteil von 2,0 %am gesamten Außenhandel. Im Jahr 2024 betrug das bilaterale Handelsvolumen 3,9 Mrd. USD, was einem Anstieg von 6 % gegenüber 2023 entspricht. Der kasachische Export nach Deutschland verdoppelte sich fast und erreichte 1,1 Mrd. USD. Deutsche Importe nach Kasachstan bestehen vor allem aus hochtechnologischen Anlagen, Maschinen, Fahrzeugen und pharmazeutischen Produkten. Kasachstan benötigt diese Importe, um seine Technologie- und Innovationsbasis auszubauen. Darüber hinaus ist eine Diversifizierung der Zusammenarbeit zu beobachten: Es fließen zunehmend Investitionen in nicht-ressourcenbasierte Sektoren wie grüne Energie, Maschinenbau, Agrarindustrie und Logistik. Besonders erfolgreich ist die Kooperation im Rahmen des Projekts der Transkaspischen Internationalen Transportroute, das Kasachstans Rolle als Brücke zwischen Asien und Europastärkt und den Transitpotenzial des Landes erheblich steigert.

Parlamentarische Zusammenarbeit

Auch die interparlamentarischen Beziehungen entwickeln sich dynamisch, was zahlreiche gegenseitige Besuche von Parlamentariern belegen:

  • Die Vorsitzenden der Ober- und Unterhäuser des kasachischen Parlaments reisten in den Jahren 2012, 2015 und 2017 nach Deutschland.
  • Im Gegenzug besuchten hochrangige Bundestagsvertreter Kasachstan, darunter: Bundestagspräsident Norbert Lammert (2010), Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer, Ehrenvorsitzender des Ältestenrates der Partei Die Linke Hans Modrow(September 2015), Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich (September 2019).

Zukunftsperspektiven

Deutschland und Kasachstan streben danach, ihre Positionen in Asien und Europa zu stärken, indem sie ihre partnerschaftlichen Beziehungen vertiefen. Diese Beziehungen sollen eine zuverlässige Grundlage für die Zusammenarbeit auf globaler Ebene bilden – besonders angesichts der wachsenden Konkurrenz zwischen den großen Weltmächten. Gerade in den heutigen turbulenten Zeiten ist es wichtiger denn je, Partnerschaften, Vertrauen, Kooperation und Freundschaft zwischen Staaten zu pflegen. Kasachstan und Deutschland bilden dabei keine Ausnahme. Besondere Bedeutung könnte künftig die Zusammenarbeit im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) haben. KI stellt einerseits einen Vorteil für die Menschheit dar, birgt jedoch andererseits auch Risiken, die die globale Wirtschaft destabilisieren könnten, wenn diese Technologie missbräuchlich eingesetzt wird. Daher sollten starke Akteure wie Kasachstan und Deutschland eng und koordiniert zusammenarbeiten, um den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wirksam begegnen zu können.